Stellungnahme zum Antrag "Erlass einer Baumschutzsatzung für die Stadt Diepholz"
In der Fraktion haben wir uns sehr intensiv mit dem Thema einer Baumschutzsatzung befasst. Auch wir sind unbestritten der Auffassung, dass gesunde Bäume zu schützen und zu erhalten sind, sie dienen als “Grüne Lungen“ der Verbesserung der Luftqualität und bieten Lebensraum für Vögel und Kleintiere und bereichern so den Naturhaushalt. Natürlich ist es populär, nach einem emotionalen Schlüsselereignis, wie vor einigen Wochen am Rabbenweg in Sankt Hülfe, sofort nach ordnungspolitischen Regeln zu rufen. Sie vermitteln ein starkes Gefühl von Sicherheit, ist aber nach unserer Ansicht aus mehreren Gründen ein trügerisches.
-
Eine Baumschutzsatzung bindet nicht nur private Haushalte, sie bindet gleichermaßen die Stadt Diepholz. Schützenswerte Objekte werden bereits jetzt durch Bebauungspläne in ihrem Bestand gesichert – beispielsweise kürzlich beim Bebauungsplan Heede Nr. 5 “An der Grawiede“ – wir trauen dem Stadtrat zu, dieser Verantwortung auch in Zukunft gerecht zu werden, auch ohne schriftliche Selbstverpflichtung.
-
Die Kosten für die Erstellung eines Baumkatasters betragen mindestens 50€ pro Baum und zusätzlich für die jährlichen Bestandskontrollen mindestens 20€. Daneben wird eine Reihe von Befreiungen und Ausnahmen bearbeitet werden müssen. Um diese Aufgaben zu erfüllen, wäre eine neue Stelle in der Verwaltung zu schaffen.
-
Abgesehen vom zu erwartenden Aufwand einer Baumschutzsatzung stellt sie eine überflüssige Entmündigung des Bürgers dar. Niemand holzt ohne Not (wie etwa Unterhaltskosten, Nutzbarkeit des Grundstücks) einen kapitalen Baum ab – sie sind bei langjährigem Wohnen am Standort oft ein Träger von Erinnerungen und werden ungern entfernt. Wer einen Baum nach seiner Facon pflanzt muss sich außerdem darauf verlassen können, ihn bei Bedarf auch wieder entfernen zu dürfen, ansonsten entsteht eine hohe Einstiegshürde für das Pflanzen neuer Bäume
-
Fällverbot führt häufig zu (berechtigtem) Ausweichverhalten von Grundstückseigentümern. Um ein paar Beispiele zu nennen:
-
Massaker von Bochum: Die Baumschutzsatzung der Stadt führt zum massenhaften Fällen potenziell zu schützender Bäume, aus Angst die Hoheit über das eigene Grundstück zu verlieren
-
Norderstedt: Nach Abschaffung der Baumschutzsatzung wurde ein sprunghafter Anstieg der Neuanpflanzungen auf Privatgrundstücken beobachtet, da die langfristige Pflege der Bäume keine von der Stadt umgelegten Kosten mehr verursacht.
-
Biotopkartierung in Bayern: Streuobstwiesen über 2.000 m² Größe sollten als Biotop geführt werden. Dies kommt aus landwirtschaftlicher Sicht einem kompletten Bewirtschaftungsverbot und damit einer Enteignung gleich. In Folge dessen wurden viele dieser Streuobstwiesen kurzum gerodet um den Wert des Grundstücks zu erhalten
-
-
Die Festschreibung des Schutzstatus durch die Stadt Diepholz wäre redundant. Ökologisch wertvolle, meist alte Habitatbäume sind bereits jetzt durch das Bundesnaturschutzgesetz (§ 28) geschützt, ihr Fällen durch den Landkreis genehmigungspflichtig. Außerhalb des Stadtgebietes, auf landwirtschaftlich genutzten Flächen gilt der Cross-Compliance-Schutz. Hecken ab 10m Länge, Baumreihen ab 5 Bäumen und 50 m Länge, Feldgehölze von mindestens 50 m² Größe, Feldraine von mindestens 2 m Breite, sowie Einzelgehölze die aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen oder wegen ihrer Seltenheit, Eigenart oder Schönheit besonders sind, werden bereits jetzt vollumfänglich unter Schutz gestellt. Jedweder Eingriff größeren Ausmaßes ist durch die Landwirtschaftskammer zu genehmigen.
Das Beispiel Rabbenweg hat gezeigt, dass die bestehenden Regelungen durchaus in der Lage sind, eine Fällung zu verhindern, so sie denn konsequent angewendet werden. Wir setzen auf verantwortungsbewusste Bürger in der Stadt Diepholz, die mit der Pflege und den Erhalt schützenswerter Bäume freiwillig und sorgfältig nachkommen. Dieses Engagement und die offenbar vorhandene Motivation in Verbindung mit dem Klimaschutz, durch das Errichten bürokratischer Hürden zu gefährden, halten wir für nicht zielführend und lehnen daher den Antrag des RH Estermann ab.